Teil 2- Änderungen außerhalb des Nachweisgesetzes
In dem ersten Teil unseres Newsletters berichteten wir über die Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1152 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union in deutsches Recht zum 01.08.2022 und die Auswirkungen auf die Gestaltung von Arbeitsverträgen.
Mit dem gleichen Gesetz erfolgen auch Änderungen weiterer Vorschriften, z.B. des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, des Teilzeit- und Befristungsgesetzes und des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes.
Hier nicht weiter behandelt werden die nur kleine Gruppen von Arbeitgebern betreffenden Anpassungen der Handwerksordnung, des Seearbeitsgesetzes, des Anästhesietechnische- und Operationstechnische-Assistenten-Gesetzes, des Notfallsanitätergesetzes und des PTA-Berufsgesetzes.
I. Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
Neben der neuen Bestimmung, (dass der Verleiher Leiharbeitnehmern in dem Nachweis künftig auch Firma und Anschrift des Entleihers in Textform mitzuteilen hat, ist vor allem die neue Vorschrift des § 13a Absatz 2 AÜG von Bedeutung.
Danach hat der Entleiher einem Leiharbeitnehmer, der ihm seit mindestens sechs Monaten überlassen ist und der ihm in Textform den Wunsch nach dem Abschluss eines Arbeitsvertrages angezeigt hat, innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine begründete Antwort in Textform mitzuteilen. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein entsprechender Wunsch in den letzten zwölf Monaten bereits einmal geäußert wurde.
Dabei geht es nicht um ein Recht auf Vertragsabschluss, beanspruchen kann der Leiharbeitnehmer nur eine schriftlich begründete Antwort des Entleihers. Der Entleiher muss dem Ersuchen also nicht nachkommen, keinesfalls muss er neue Arbeitsplätze einrichten.
Bemerkenswerterweise fehlen jegliche Sanktionsregelungen zu § 13 a Absatz 2 AÜG, da die bestehende Bußgeldvorschrift zu § 13 a Absatz 1 AÜG ausdrücklich nicht geändert wird. Mithin handelt es sich eher um eine Obliegenheit des Entleihers, die der Arbeitnehmer ggfls. auch einklagen kann. Anderweitige Folgen hat eine Verletzung von Begründungspflicht und Einhaltung der gesetzlichen Frist jedoch nicht.
Allerdings sollte bei der Ausformulierung einer (ablehnenden) Begründung vorsichtig operiert werden, um nicht Angriffspunkte aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten wie dem Gleichbehandlungsgrundsatz oder dem Diskriminierungsrecht zu schaffen.
II. Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes
a) Anknüpfend an den bestehenden Erörterungsanspruch von Teilzeitbeschäftigten, die Dauer und/oder Lage ihrer Arbeitszeit ändern möchten, sieht § 7 Absatz 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz künftig vor, dass der Arbeitgeber, sofern das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, binnen eines Monats ein begründete Antwort in Textform auf das Änderungsverlangen geben muss.
Auch hier gilt wie schon zu der vergleichbaren Regelung im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, dass kein Anspruch auf Umsetzung dieses Wunsches besteht. Dies gilt in Ermangelung einer dahingehenden gesetzlichen Regelung auch dann, wenn die Frist von einem Monat nicht beachtet wird.
b) Eine weitere Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes stellt die Neuformulierung von § 12 Absatz 3 dar, der die Abrufarbeit betrifft. So muss der Arbeitgeber den Zeitrahmen, bestimmt durch (vereinbarte) Referenzstunden und Referenztage, festlegen, in dem auf seine Anforderung hin gearbeitet werden muss. Es gilt (wie bisher schon) eine Mindestankündigungsfrist von vier Tagen. Eine analoge Regelung findet sich im Nachweisgesetz, d.h. die vorstehenden Angaben müssen auch in dem Nachweis enthalten sein.
c) Schließlich wird § 18 Teilzeit- und Befristungsgesetz um folgenden Absatz 2 ergänzt:
„Der Arbeitgeber hat einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden und der ihm in Textform den Wunsch nach einem auf unbestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag angezeigt hat, innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine begründete Antwort in Textform mitzuteilen. Satz 1 gilt nicht, sofern der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber diesen Wunsch in den letzten zwölf Monaten vor Zugang der Anzeige bereits einmal angezeigt hat.“
Wiederum ist hervorzuheben, dass (wie schon bei Leiharbeitnehmern und Teilzeitbeschäftigten) lediglich eine Obligation des Arbeitgebers zu Prüfung und Auskunft besteht, jedoch kein Anspruch des Arbeitnehmers. Auch insoweit fehlen jegliche Sanktionsvorschriften, sodass aus Sicht des Arbeitgebers allenfalls administrative Anforderungen bestehen, jedoch keine Verpflichtung zu irgendwelchen Umsetzungshandlungen.
Eine bei einem befristeten Vertrag vereinbarte Probezeit muss nach dem neuen § 15 Abs. 2 TzBfG im Verhältnis zur erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. Eine unverhältnismäßig lange Dauer der Probezeit führt dazu, dass eine Probezeit nicht wirksam vereinbart wurde. Das Gesetz thematisiert die im Schrifttum diskutierte Frage des Probezeitbegriffs nicht. Unter Hinweis auf den Wortlaut der Richtlinie und die Unterschiede in den Mitgliedsstaaten wird vertreten, dass es eigentlich nicht um die Probezeit nach deutschem Verständnis gehen soll, sondern um die Wartezeit bis zum Erlangen des Kündigungsschutzes. Indes ist der deutsche Entwurf eindeutig, da er von der „vereinbarten“ Probezeit spricht, während die Wartezeit eine gesetzlich geregelte und nicht dispositive Frist ist.
III. Arbeitsverträge mit Auslandsbezug – Änderungen im Nachweisgesetz und im Arbeitnehmerentsendegesetz
a) Durch einen neuen § 23c des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes wird eine Hinweispflicht für inländische Arbeitgeber geschaffen, die Unionsbürger mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland zur Arbeitsleistung im Inland einstellen. Diese Arbeitnehmer müssen grundsätzlich spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung auf die Dienste der Beratungsstellen nach § 23a Arbeitnehmer-Entsendegesetz hingewiesen werden und deren Kontaktdaten erhalten.
b) Weitere Verpflichtungen bei Auslandssachverhalten ergeben sich aus § 2 Absatz 2 Nachweisgesetz. Danach müssen Arbeitnehmer, die länger als vier aufeinanderfolgende Wochen ihre Arbeitsleistung im Ausland erbringen sollen vor ihrer Abreise eine Niederschrift mit folgenden Zusatzangaben erhalten:
– Land oder Länder, in denen gearbeitet werden soll und Dauer des Auslandsaufenthalts
– Währung, in der Entlohnung erfolgt
– Ggfls. vereinbarte zusätzliche Geld- oder Sachleistungen (auch Zulagen und Aufwendungsersatz)
– Angabe, ob eine Rückkehr vorgesehen ist und ggfls. Bedingungen der Rückkehr.
c) Sofern es sich um einen Aufenthalt in der EU handelt und die Entsenderichtlinie einschlägig ist muss zudem nach § 2 Absatz 3 Nachweisgesetz die Entlohnung, auf die der Arbeitnehmer in dem Mitgliedsstaat Anspruch hat sowie ein Link zu der offiziellen nationalen Website des Mitgliedsstaates nach der Entsenderichtlinie genannt sein.
IV. Änderung der Gewerbeordnung
Eine Neufassung erfährt § 111 Gewerbeordnung. Dieser lautet künftig wie folgt:
„ § 111 Pflichtfortbildungen
(1) Ist der Arbeitgeber durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes, durch Tarifvertrag oder Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine für die Erbringung der Arbeitsleistung erforderliche Fortbildung anzubieten, dürfen dem Arbeitnehmer die Kosten hierfür nicht auferlegt werden.
(2) Fortbildungen nach Absatz 1 sollen während der regelmäßigen Arbeitszeit durchgeführt werden. Soweit Fortbildungen nach Absatz 1 außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit durchgeführt werden müssen, gelten sie als Arbeitszeit.“
Fortbildungen, die gesetzlich oder kollektivrechtlich verpflichtend sind und zur Erbringung der Arbeitsleistung erforderlich, müssen daher ausschließlich vom Arbeitgeber bezahlt werden. Zudem müssen Sie während der Arbeitszeit stattfinden oder die Zeit muss gesondert vergütet werden. Beides sollte auch bislang bereits – soweit es um diese spezielle Kategorie von Fortbildungsverpflichtungen geht – weitgehend der Praxis entsprechen.
Aus diesem Grund werden auch die Auswirkungen auf einzelvertragliche Fortbildungsvereinbarungen mit Rückzahlungsklausel voraussichtlich überschaubar bleiben, da es sich dabei regelmäßig um freiwillige Fortbildungen handelt, auf die für den Arbeitnehmer jedenfalls kein Anspruch besteht. Fraglich kann dies allenfalls in den Fällen sein, in denen die Fortbildung (auch oder vorrangig) im Interesse des Arbeitgebers ist. Wenn z.B. eine Zusatzqualifikation erworben werden soll, die ihrerseits auf einer gesetzlich verpflichtenden Fortbildung beruht und der Arbeitnehmer nach Abschluss in einer höheren Funktion beschäftigt werden soll, wäre es denkbar, die neue gesetzliche Regelung analog anzuwenden und den Arbeitgeber für verpflichtet zu halten, die gesamten Kosten zu übernehmen. Eine entgegenstehende Vereinbarung könnte dann u.U. als rechtsunwirksam angesehen werden. Es ist derzeit noch nicht absehbar, wie sich die Rechtsprechung hierzu positionieren wird.
V. Fazit
Zusammenfassend ist zu den Änderungen, die nicht das Nachweisgesetz betreffen, festzuhalten, dass es sich im Wesentlichen um administrative Verpflichtungen des Arbeitgebers handelt. Angesichts des Fehlens von Sanktionsvorschriften dürften die Auswirkungen in der betrieblichen Praxis überschaubar bleiben.