Laptop mit News Hologramm - Arbeitsrecht für Arbeitgeber

Update Elternzeit und Mutterschutz: Formvorschriften, Beschäftigungsverbote und Urlaubsansprüche

1. Spätfolgen der Bürokratieentlastung: Textform für die Elternzeit

Mit Wirkung zum 01.05.2025 sind die Änderungen zentraler Formvorschriften im BEEG durch das 4. Bürokratieentlastungsgesetz wirksam geworden. Die Änderungen betreffen die Formanforderungen für die Inanspruchnahme der Elternzeit gemäß § 16 Abs. 1 BEEG, den Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit nach § 15 Abs. 7 BEEG sowie den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 15 Abs. 5 BEEG.

Bislang galt für diese Vorkommnisse ein gesetzliches Schriftformerfordernis. Die Umstellung auf die Textform ermöglicht nun insbesondere auch die Übermittlung entsprechender Anträge per E-Mail und über sonstige digitale Kommunikationsmittel. Dies mag, wie vom Gesetzgeber gewollt, zur Vereinfachung der Verwaltung und (digitalen) Weiterverarbeitung derartiger Anträge führen.Gleichzeitig sind Arbeitgeber im Umgang mit entsprechender

Korrespondenz zu größerer Vorsicht aufgerufen: Begannen bislang der gesetzliche Sonderkündigungsschutz während der Elternzeit und die gesetzlich vorgesehenen Reaktionsfristen für den Arbeitgeber frühestens ab Zugang eines schriftlichen Antrags, können diese Rechtsfolgen jetzt bereits ausgelöst werden, wenn den Arbeitgeber etwa eine einfache E-Mail erreicht. Daraus ergibt sich für Arbeitgeber die Herausforderung, eingehende E-Mails und auch sonstige nicht-schriftförmliche Korrespondenz von Arbeitnehmern, z.B. auch WhatsApp-Nachrichten, lückenlos zu sichten und zeitnah zu bearbeiten.

2. Gesetzliche Beschäftigungsverbote nach Fehlgeburten

Mit Wirkung zum 01.06.2025 werden die Änderungen durch das Mutterschutzanpassungsgesetz in Kraft treten. Nach der bisherigen Gesetzeslage galten die nachgeburtlichen Beschäftigungsverbote nur für den Fall der Geburt eines lebenden Kindes. Für den Fall einer Fehlgeburt sollten diese Beschäftigungsverbote nach bisherigem Verständnis nicht eingreifen. Dieser Zustand wurde bereits seit längerem scharf kritisiert.

Mit Wirkung ab dem 01.06.2025 gelten nach einer Fehlgeburt nun die nachfolgenden, gestaffelten Beschäftigungsverbote
• Bei einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche zwei Wochen
• Bei einer Fehlgeburt ab der 17. Schwangerschaftswoche sechs Wochen und
• Bei einer Fehlgeburt ab der 20. Schwangerschaftswoche acht Wochen.

Eine Ausnahme gilt für den Fall, dass sich die Frau ausdrücklich zur Arbeitsleistung bereit erklärt. Dann darf der Arbeitgeber die Frau auch innerhalb dieser Fristen beschäftigen.
Unverändert bleiben die Regelungen zum gesetzlichen Sonderkündigungsschutz nach § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 MuSchG. Danach ist nach wie vor die Kündigung gegenüber einer Frau bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Fehlgeburt bekannt ist oder wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.

3. Urlaubsabgeltung nach Mutterschutz und Elternzeit

In den vergangenen Jahren hat sich die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung mit vielen Einzelfragen zu Entstehung, Verfall und Abgeltung von Urlaubsansprüchen befasst. Eine kürzlich veröffentlichte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zeigt nun, dass Arbeitgeber insbesondere im Zusammenhang mit Mutterschutz und Elternzeit zu erhöhter Achtsamkeit aufgerufen sind.

In dem zu entscheidenden Fall befand sich die mit ihrem ersten Kind schwangere Arbeitnehmerin ab August 2015 in Mutterschutz. Zu dieser Zeit standen ihr noch erhebliche Urlaubsansprüche zu. Unmittelbar nach der Geburt ihres Kindes nahm die Klägerin Elternzeit, es schlossen sich dann Mutterschutzfristen und Elternzeit für ein weiteres Kind bis Ende 2020 an. Im Jahr 2020 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit.
Eine zeitanteilige Kürzung der Urlaubsansprüche für die Dauer der Elternzeit hatte die Arbeitgeberin zu keinem Zeitpunkt erklärt.

Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses verlangte die Klägerin von ihrer ehemaligen Arbeitgeberin Urlaubsabgeltung von annähernd 25.000 €. Die Arbeitgeberin berief sich unter anderem darauf, dass die älteren Urlaubsansprüche nach den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes inzwischen verfallen wären.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung nachvollziehbar dargelegt, dass die gesetzlichen Sonderregelung in § 17 Abs. 1 und Abs. 2 BEEG den allgemeinen Befristungsregelungen in § 7 BUrlG vorgehen. Für die Dauer der Elternzeit kann Urlaub nicht gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen. Diese Vorschrift findet während der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote und der Elternzeit keine Anwendung. § 24 S. 2 MuSchG, nach dem die Arbeitnehmerin den vor Beginn der Beschäftigungsverbote nicht oder nicht vollständig erhaltenen Erholungsurlaub auch noch nach Ablauf der Verbote im laufenden Jahr oder im Folgejahr nehmen kann, steht einem Verfall von Urlaub während der Mutterschutzfristen entgegen. Während der Elternzeit gehen die gesetzlichen Sonderregelungen in § 17 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BEEG den allgemeinen Befristungsregelungen des § 7 Abs. 3 BUrlG vor. Im Ergebnis hatte die Klägerin also für die gesamte Dauer ihrer Mutterschutzfristen und Elternzeitzeiträume Urlaubsansprüche erworben, die nach den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes nicht verfallen sein konnten. Mit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses wandelten sich diese Urlaubsansprüche in einen Urlaubsabgeltungsanspruch.

Der große Fehler des Arbeitgebers lag darin, von der gesetzlichen Kürzungsmöglichkeit gemäß § 17 Abs. 1 BEEG keinen Gebrauch gemacht zu haben. § 17 Abs. 1 BEEG gibt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, den Erholungsurlaub für jeden vollen Monat der Elternzeit um 1/12 zu kürzen (natürlich nicht für Zeiten, in denen der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin in Teilzeit bei diesem Arbeitgeber arbeitet). Diese Kürzung muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jedoch – vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses! – erklären. Ohne eine solche arbeitgeberseitige Erklärung besteht der Urlaubsanspruch in vollem Umfang.

Arbeitgebern ist daher dringend anzuraten, standardmäßig idealerweise schon zu Beginn der Elternzeit die anteilige Kürzung der Urlaubsansprüche dem Arbeitnehmer / der Arbeitnehmerin gegenüber zu erklären.
Die aktuelle Entscheidung zeigt auch sehr schön, dass im Streitfall der Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass er die Kürzung überhaupt erklärt hat und dass diese Erklärung dem Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmerin zugegangen ist. Zur eigenen Absicherung empfiehlt es sich daher, die Erklärung zur Kürzung des Urlaubsanspruchs und deren Zugang bei dem betreffenden Arbeitnehmer bzw. bei der betreffenden Arbeitnehmerin nachweisbar zu dokumentieren, etwa durch Einholung einer Empfangsbestätigung, durch persönliche Übergabe unter Zeugen oder durch Übermittlung per Boten (was eine sorgfältige Dokumentation und Archivierung dieser Umstände mit einschließt).

4. Sonderkündigungsschutz für schwangere Arbeitnehmerinnen

In einer Entscheidung aus April 2025 hat sich das Bundesarbeitsgericht mit der Frage auseinandergesetzt, in welchem Fall die Kündigungsschutzklage einer schwangeren Arbeitnehmerin auch noch nach Ablauf der gesetzlichen Klagefrist nachträglich zuzulassen ist. In dem zur Entscheidung anstehenden Fall hatte die Klägerin ein Kündigungsschreiben ihrer Arbeitgeberin am 14.05.2022 halten. Am 29.05.2022 erfuhr die Klägerin durch einen privat durchgeführten Schwangerschaftstest von ihrer (möglichen) Schwangerschaft. Angeblich bemühte sie sich sofort um einen Arzttermin, den sie aber erst für den 17.06.2022 erhielt. Am 13.06.2022 (und damit deutlich nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist) hat die Klägerin eine Kündigungsschutzklage erhoben und deren nachträgliche Zulassung beantragt. Am 21.06.2022 legte sie ein ärztliches Attest beim Arbeitsgericht vor, nach dem bei ihr eine am 17.06.2022 festgestellte Schwangerschaft in der „ca. 7+1 Schwangerschaftswoche“ bestehe.

Die Arbeitgeberin berief sich auf eine verspätete Klageerhebung. Die Klägerin meinte, die Kündigungsschutzklage sei gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 KSchG nachträglich zuzulassen. § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG lautet: „War ein Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben, so ist auf seinen Antrag die Klage nachträglich zuzulassen. Gleiches gilt, wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 Kenntnis erlangt hat.“
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Vorschrift sei nicht einschlägig. Die Klägerin habe durch den positiven Test binnen der offenen Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG Kenntnis von der Schwangerschaft erlangt.
Das Bundesarbeitsgericht hat die verspätet erhobene Klage gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG nachträglich zugelassen. Nach Ansicht des Gerichts hat die Klägerin aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst mit der frühestmöglichen frauenärztlichen Untersuchung am 17. Juni 2022 positive Kenntnis davon erlangt, dass sie bei Zugang der Kündigung am 14. Mai 2022 schwanger war. Der bereits im Mai durchgeführte Schwangerschaftstest konnte ihr diese Kenntnis nicht vermitteln. Damit hat das Bundesarbeitsgericht die bislang offene Frage geklärt, dass die Kenntniserlangung von der Schwangerschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 KSchG erst mit dem Ergebnis einer ärztlichen Untersuchung anzunehmen ist und nicht schon durch vorangegangene privat durchgeführte Schwangerschaftstests.

Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass in diesem Sonderfall nicht auszuschließen ist, dass auch noch weit nach Ablauf der eigentlichen Klagefrist eine Kündigungsschutzklage erfolgreich eingereicht wird.