Laptop mit News Hologramm - Arbeitsrecht für Arbeitgeber

Schwerbehindertenvertretung bleibt im Amt – auch bei weniger als fünf Schwerbehinderten

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine Schwerbehindertenvertretung auch dann bis zum Ende der vierjährigen Amtszeit im Amt bleibt, wenn nach der Wahl die Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiter unter den für die Errichtung einer Schwerbehindertenvertretung maßgeblichen Schwellenwert von fünf sinkt (BAG, Beschluss v. 19. Oktober 2022 – 7 ABR 27/21).

Fall:

In einem Betrieb des später beklagten Arbeitgebers wurde im Jahr 2019 eine Schwerbehindertenvertretung gewählt. Bereits zum 1. August 2020 sank die Zahl der schwerbehinderten Menschen in dem Betrieb auf vier. Der Arbeitgeber setzte daraufhin die Schwerbehindertenvertretung darüber in Kenntnis, dass er davon ausgehe, das Gremium habe damit seine Existenzberechtigung verloren und habe sich deswegen rechtlich aufgelöst. Die Schwerbehindertenvertretung strengte daraufhin ein Gerichtsverfahren vor dem Arbeitsgericht an und wollte darin ihren rechtlichen Bestand feststellen lassen. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht wiesen die Anträge der Schwerbehindertenvertretung zurück. Vor dem Bundesarbeitsgericht hatte die Schwerbehindertenvertretung jedoch Erfolg.

Entscheidung:

Die detaillierte Begründung des Gerichts steht zwar noch aus. Jedoch lassen sich der dazu veröffentlichten Pressemitteilung bereits die Begründungsansätze des Gerichts entnehmen: Das Gericht argumentiert offensichtlich sehr formaljuristisch und stellt fest, dass der Gesetzgeber eine Auflösung des Gremiums bei Absinken unter die Mindestmitarbeiterzahl nirgends explizit angeordnet hat. Die bestehende gesetzliche Regelung ließe sich auch nicht auf andere Weise in Richtung einer Auflösung auslegen. In der Folge bleibt die einmal gewählte Schwerbehindertenvertretung bis zum Ende ihrer Amtszeit im Amt, auch wenn im Betrieb weniger als fünf schwerbehinderte Menschen beschäftigt werden.

Fazit:

Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass eine einmal ordnungsgemäß installierte Schwerbehindertenvertretung – sofern die Vertrauensperson(en) nicht von sich aus ihr Amt niederlegen oder aus dem Betrieb ausscheiden – ungeachtet der Anzahl der im Betrieb noch beschäftigten schwerbehinderten Menschen in allen Belangen als existent anzusehen ist.

Relevant ist das insbesondere bei der beabsichtigten Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters. Denn vor der Kündigung eines schwerbehinderten Menschen muss der Arbeitgeber gem. § 178 Abs. 2 S. 3 SGB IX immer die Schwerbehindertenvertretung beteiligen, wobei Inhalt und Ablauf dieser vom Gesetzgeber nicht näher beschriebenen Beteiligung der Anhörung des Betriebsrats ähneln werden. Beteiligt der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nicht , ist die Kündigung alleine deshalb unwirksam. Auch wenn sich der Arbeitgeber im Übrigen pflichtgemäß verhält, also die Zustimmung des Integrationsamtes einholt und den Betriebsrat anhört, ändert dies an der rechtlichen Unwirksamkeit der Kündigung nichts.