Seit dem 1. April dürfen Erwachsene in bestimmten Mengen Cannabis besitzen und auch konsumieren. Viele Arbeitgeber und Personaler fragen sich, wie mit dem Thema Cannabis im Betrieb umzugehen ist. Hier ein paar der drängendsten Fragen und Antworten.
Darf der Arbeitgeber Cannabis im Betrieb verbieten?
Ja, darf er. Der Konsum während der Arbeitszeit und das Erscheinen zur Arbeit unter Drogeneinfluss betreffen Fragen der Ordnung und des Verhaltens des Arbeitnehmers im Betrieb und sind somit vom Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 S. 2 GewO umfasst.
Soweit ein Betriebsrat besteht, hat er ein Mitbestimmungsrecht. Dann bietet sich der Abschluss einer Betriebsvereinbarung an, in der auch ein absolutes Konsumverbot im Betrieb angeordnet werden kann. Es kommt für das Verbot im Betrieb auch nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nach dem Konsum noch wie gewohnt erbringen kann (z. B. Büromitarbeiter nach einem Joint).
Das CanG gestattet den Besitz bzw. das Mit-Sich-Führen von bis zu 25 Gramm Cannabis außerhalb der eigenen Wohnung. Theoretisch könnten Arbeitnehmer also auf den Gedanken kommen, Cannabis in dieser Menge laufend bei sich zu führen, und etwa mit dem eigenen PKW, im Rucksack oder in der Jackentasche mit an den Arbeitsplatz zu bringen. Es ist naheliegend, dass dieses Szenario vielen Arbeitgebern aus diversen naheliegenden Gründen missfällt. Bislang hätte man derartige Vorkommnisse schlicht durch einen Anruf bei den staatlichen Strafverfolgungsorganen lösen können. Bei größeren Drogenfunden mag dies nach wie vor angebracht sein, aber unterhalb der 25 Gramm-Grenze wird das künftig wenig helfen. Es wäre daran zu denken, präventiv auch das Verbringen von Cannabis auf das Betriebsgelände grundsätzlich zu untersagen. In betriebsratlosen Betrieben sollte das nach bisherigem Verständnis als Ausübung des Direktionsrechts zulässig sein, in Betrieben mit Betriebsrat wäre hierzu eine Betriebsvereinbarung abzuschließen.
Darf der Arbeitnehmer in seiner Freizeit Cannabis konsumieren bzw. kann der Arbeitsgeber das verbieten?
Grundsätzlich ist der Konsum in der Freizeit eine Privatangelegenheit des Arbeitnehmers („Das Direktionsrecht endet am Werkstor“).
Der Drogenkonsum darf in der Freizeit aber nur so erfolgen, dass die ordnungsgemäße Erbringung der Arbeitsleistung hierdurch nicht beeinträchtigt wird. Der Arbeitnehmer schuldet die ungetrübte Arbeitsleistung. Dies umfasst auch die Zeiten vor der Arbeit und Pausen. Insbesondere Arbeitnehmer, die in Erbringung ihrer Arbeitsleistung bestimmungsgemäß Fahrzeuge führen oder Maschinen bedienen werden ihren Konsum so steuern müssen, dass sie bei Arbeitsbeginn „nüchtern“ sind. Derzeit arbeiten die Gerichte mit einem Grenzwert von 0,1 Nanogramm THC je ml Blutserum.
(Wie) Kann der Arbeitgeber den Konsum feststellen?
Der Konsum von Cannabis kann außer durch Beobachtung und im Handel erhältliche Schnelltests letztlich nur durch eine ärztliche Untersuchung (z. B. Blutentnahme durch den Betriebsarzt) festgestellt werden. Allerdings sind der Wirkstoff THC und dessen Abbauprodukte auch noch mehrere Tage nach Konsum im Blut nachweisbar, sodass auch ein Bluttest keine zuverlässigen Aussagen über den genauen Zeitpunkt des Konsums erlaubt.
Wichtig ist, dass eine Untersuchung nicht ohne bzw. gegen den Willen des Arbeitnehmers erfolgen kann. Selbst eine Betriebsvereinbarung, die die Durchführung von Tests regelt, kann die Einwilligung nicht ersetzen.
Drogentests können nur in Ausnahmekonstellationen verlangt werden, etwa wenn eine besonders gefährliche Tätigkeit ausgeübt wird. So hat das Arbeitsgericht Hamburg routinemäßige Drogentests für einen Van Carrier-Fahrer im Hamburger Hafen für angemessen erachtet. Im konkreten Fall konnte von einer erheblichen Gefahrenneigung ausgegangen werden (ArbG Hamburg Urt. v. 1.9.2006 – Az.: 27 Ca 136/06.)
Bei Verdachtsmomenten für den Konsum ist es daher ratsam, die Beobachtungen zu dokumentieren. Anhaltspunkte für den Cannabiskonsum können sein: Konsumenten können keinen klaren Gedanken fassen/sind „verpeilt“, Störung des Kurzzeitgedächtnisses, lallende Sprache, Verwirrtheit und auch der Geruch. Sicherlich wird man dem Arbeitnehmer gerade im Verdachtsfall anbieten können, den Verdacht durch einen freiwilligen Schnelltest zu entkräften.
Darf man den Arbeitnehmer bei Verdacht auf Cannabiskonsum nach Hause schicken?
Wenn der Arbeitnehmer erkennbar nicht in der Lage ist, seine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, kann und muss der Arbeitgeber einschreiten. Der Arbeitgeber muss aber konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass der Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage ist, die Arbeit gefahrlos auszuführen. Diese Beurteilung kann aufgrund einer arbeitsmedizinischen Untersuchung erfolgen, wenn der Arbeitnehmer dieser zustimmt. Unabhängig davon reicht gegebenenfalls auch die auf Verhaltensbeobachtungen oder Hinweise gestützte subjektive Einschätzung des Vorgesetzten aus.
Der Arbeitnehmer verliert nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Entgelt“ dann seinen Vergütungsanspruch, da es an seiner Leistungsfähigkeit fehlt.
Wie sieht es mit dem (Unfall-)Versicherungsschutz aus?
Arbeitnehmer dürfen sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können und Unternehmen dürfen Arbeitnehmer, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen.
Hieraus folgt: War die fehlende Tauglichkeit für den Arbeitgeber erkennbar, entfällt der Unfallversicherungsschutz des Arbeitnehmers und der Arbeitgeber muss für die Kosten eines etwaigen Unfalls aufkommen.
Noch weitergehend kommt im Extremfall sogar eine strafrechtliche Verfolgung des Arbeitgebers oder der Vorgesetzten in Betracht, wenn man wissentlich bekiffte Arbeitnehmer arbeiten lässt und hierdurch andere Arbeitnehmer zu Schaden kommen.
Es ist Aufgabe des Vorgesetzten darüber zu entscheiden, ob der Arbeitnehmer vom Arbeitsplatz entfernt werden soll.
Was sind mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen?
Aus dem Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer die Pflicht, dass er sich nicht in einen Zustand versetzt, in dem er sich oder andere gefährden kann oder nicht mehr in der Lage ist, ordnungsgemäß zu arbeiten. Für die Herbeiführung eines solchen Zustandes ist es unerheblich, ob dies während oder außerhalb der Arbeitszeit erfolgt.
Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann und muss in aller Regel zuerst abgemahnt werden. Erst bei wiederholten Verstößen ist eine verhaltensbedingte Kündigung denkbar. Ausnahmen sind für Berufe im sicherheitsrelevanten Bereich oder für Berufskraftfahrer möglich. Durch das erhöhte Gefährdungspotential riskieren die Arbeitnehmer unter Umständen hier ohne weiteres eine (auch fristlose) Kündigung.
Ist der Arbeitnehmer womöglich süchtig, kommt eine personenbedingte Kündigung in Form der krankheitsbedingten Kündigung in Betracht. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer sein Konsumverhalten nicht steuern, sodass eine Pflichtverletzung nicht angenommen wird. Nachweisbar ist die Sucht z. B. durch ein medizinisches Sachverständigengutachten. Da dies aber in aller Regel erst im Prozess erfolgt und das Ergebnis meist nicht vorhersehbar ist, ist ein doppelgleisiges Vorgehen anzuraten.
Für den Fall, dass das Verhalten (noch) steuerbar ist, sollte eine Abmahnung ausgesprochen werden.
Für den Fall, dass (bereits) eine Suchtkrankheit vorliegt, sollte die Therapieaufforderung/-unterstützung erklärt werden.
Regelmäßig sollte natürlich zuerst ein Personalgespräch stattfinden, wo der Arbeitgeber das Suchtproblem anspricht und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit der Suchttherapie anträgt.
Wir raten zur Aufstellung klarer Regeln, die klarste und sinnvollste Regelung dürfte sein: Ein striktes und generelles Verbot des Konsums im Betrieb und jeglicher Arbeitsleistung unter Cannabiseinfluss.