Laptop mit News Hologramm - Arbeitsrecht für Arbeitgeber

Nachweis und/oder Arbeitsvertrag – Neues Nachweisgesetz erfordert schnelle Entscheidungen des Arbeitgeber

Vergangene Woche hat der Bundestag das neue Nachweisgesetz verabschiedet (Newsletter Teil 1 und Teil 2). Es tritt am 1. August in Kraft und hält für Arbeitgeber eine Reihe von Herausforderungen bereit. Die Umsetzung der inhaltlichen Vorgaben dürfte vielfach Schwierigkeiten bereiten. Aber bereits zuvor ist eine wichtige Grundsatzentscheidung zu treffen.

1. Nachweis und Arbeitsvertrag – Kein automatischer Gleichlauf

Ein Nachweis ist kein Arbeitsvertrag – und der Arbeitsvertrag nicht in jedem Fall ein tauglicher Nachweis.

Das Nachweisgesetz verlangt vom Arbeitgeber, dass er dem Arbeitnehmer die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich mitteilt. Das Gesetz geht nach wie vor davon aus, dass es sich bei diesem Nachweis um eine einseitige Wissenserklärung des Arbeitgebers handelt. Der Nachweis muss in Schriftform erfolgen, d.h. vom Arbeitgeber unterschrieben sein. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Für den Nachweis spielt es keine Rolle, dass die meisten der wesentlichen Arbeitsbedingungen auf einer vertraglichen Vereinbarung beruhen und nicht etwa einseitig vom Arbeitgeber festgelegt werden können.

Ein Arbeitsvertrag hingegen ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die regelmäßig die Abreden zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses enthält, also nicht nur die nach dem Nachweisgesetz „wesentlichen“ Arbeitsbedingungen. Andererseits beinhaltet der Arbeitsvertrag regelmäßig diejenigen Arbeitsbedingungen nicht, die dem Direktionsrecht unterliegen, diese können aber dennoch „wesentlich“ sein. Für den Arbeitsvertag gibt es grundsätzlich kein Formerfordernis, ein elektronischer, mündlicher oder gar nur konkludenter Vertragsschluss reicht aus. Besondere Formerfordernisse bestehen nur hinsichtlich einer etwaigen Befristungsabrede und dann, wenn eine automatische Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Renteneintritt vereinbart werden soll.

Wird allerdings ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen, der auch die wesentlichen Arbeitsbedingungen des Nachweisgesetzes beinhaltet, bedarf es keines zusätzlichen schriftlichen Nachweises mehr.

2. Schriftlicher Arbeitsvertrag oder Nachweis – die Fallvarianten

Für die Zeit ab dem 01.08.2022 steht damit nur fest, dass es mindestens ein schriftliches Dokument geben muss, in dem zumindest die wesentlichen Arbeitsbedingungen festgehalten werden. Dabei kann es sich entweder um den Arbeitsvertrag oder den Nachweis oder sogar beides handeln.

Arbeitgeber stehen damit vor der Frage, wie sie am effizientesten die gesetzlichen Vorgaben erfüllen und dabei Nachteile vermeiden. Zu unterscheiden sind dabei neue Arbeitsverhältnisse, bestehende Arbeitsverhältnisse und Änderungen in bestehenden Arbeitsverhältnissen.

a) Neues Arbeitsverhältnis ab dem 01.08.2022

Bei der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses sind ab dem 1. August diesen Jahres die geänderten Vorgaben des Nachweisgesetzes schon aufgrund der neuen Bußgeldandrohungen (bis zu 2.000€ je Einzelfall) zu beachten.

Die meisten wesentlichen Vertragsbedingungen, zu denen das Nachweisgesetz einen Nachweis fordert, setzen eine Vereinbarung zwischen den Parteien voraus. Es entspricht ohnehin der Praxis, dass sich die Vertragspartner vor der Arbeitsaufnahme über alle Vertragsinhalte verständigen und hierzu auch eine dokumentierte Vereinbarung abschließen. Dies ist regelmäßig sowohl der Wunsch des Arbeitnehmers als auch im Nachweisinteresse des Arbeitgebers. Diese Fixierung kann grundsätzlich schriftlich, elektronisch oder in Textform erfolgen.

Künftig werden sich Arbeitgeber allerdings fragen, ob es wirklich Sinn macht, einen Arbeitsvertrag (nur) in elektronischer Form und einen Nachweis in Schriftform zu erstellen. Die Gefahr von Fehlern oder auch Widersprüchen ist evident, zudem spricht eine erleichterte Administration dafür, nur ein Schriftstück anlässlich der Begründung des Arbeitsverhältnisses auszufertigen. Ein Arbeitsvertrag in Schriftform, der alle notwendigen Nachweise enthält, liegt als Lösung nahe.

Andererseits: Was im Arbeitsvertrag steht ist grundsätzlich vertraglich vereinbart und lässt sich regelmäßig nicht einseitig ändern. Daher besteht die Gefahr, dass durch die Aufnahme von Nachweisen in den Arbeitsvertrag, die Themen betreffen, die nach wie vor dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht unterliegen, ungewollt vertragliche Ansprüche geschaffen werden. Wird z.B. eine betriebliche Arbeitszeitregelung, die eigentlich dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt und damit vom Arbeitgeber einseitig geändert werden kann, im Arbeitsvertrag fixiert, könnte diese je nach Formulierung zum Recht des Arbeitnehmers erstarken.

Für künftige Arbeitsverhältnisse dürfte daher in der Regel viel dafür sprechen, zunächst einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu fixieren, der viele der wesentlichen Arbeitsbedingungen des Nachweisgesetzes enthält. Zusätzlich sollte für die Themen und Inhalte, die keine Vertragsabsprachen darstellen (sollen), ein ausdrücklich als Nachweis bezeichneter Anhang beigefügt werden. Dieser ist vom Arbeitgeber zu unterzeichnen. Den Erhalt sollte der Arbeitnehmer aber seinerseits bestätigen, damit der Arbeitgeber einen Beleg für die Erfüllung seiner Nachweispflichten hat.

b) Altverträge

Für Altverträge, die schon vor dem 01.08.2022 bestanden, enthält das Gesetz keinen sofortigen Anpassungsbedarf. Allerdings muss einem Arbeitnehmer, der einen Nachweis verlangt, ein solcher innerhalb von nur sieben Tagen zur Verfügung gestellt werden. Diese Frist ist außerordentlich kurz, sodass Arbeitgeber auf diese Situation vorbereitet sein müssen.

Ein vor dem 01.08.2022 erstellter Arbeitsvertrag, mag er auch in Schriftform vorliegen, wird die Erfordernisse des neuen Nachweisgesetzes regelmäßig nicht erfüllen. Auch wird es in nur wenigen Tagen kaum möglich sein, eine neue Vereinbarung auszuarbeiten und beiderseits zu unterzeichnen. Das ist auch nicht nötig.
In diesen Fällen ist es sinnvoller, ausschließlich einen Nachweis vorzubereiten, der kurzfristig erstellt oder sogar schon individuell vorbereitet werden kann. Da es nur um eine Bestätigung des status-quo geht, bedarf es keiner Mitwirkung des Arbeitnehmers. Vielmehr wird nur noch die Unterzeichnung und Zustellung des Nachweises durch den Arbeitgeber benötigt.

c) Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen

Für Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen sieht das Gesetz vor, dass der Nachweis spätestens am Tag des Wirksamwerdens der Änderung übergeben werden muss. Da einer solchen Änderung zumeist ohnehin eine Verständigung der Vertragsparteien über eine Vertragsänderung vorausgeht spricht hier viel dafür, eine schriftliche Ergänzung oder im Einzelfall auch Neufassung des Arbeitsvertrages vorzunehmen. Dies gilt umso mehr, als kein Zeitdruck besteht, schließlich tritt die Vertragsänderung erst in Kraft, wenn die Einigung erzielt wurde.

Allerdings kommt bei einigen Regelungen, die der Veränderung unterliegen, aber kein Vertragsinhalt sind (z.B. die aktuellen Pausenregelungen), auch ein alleiniger oder zusätzlicher Nachweis in Betracht.

Fazit

Bei Neuverträgen und Vertragsänderungen nach dem 01.08.2022 sind schriftliche Arbeitsverträge (bzw. Ergänzungsvereinbarungen), die den Nachweis ersetzen und den neuen Anforderungen entsprechen, ggfls. ergänzt um einen gesonderten Nachweis im Anhang, sinnvoll. Die gängigen Vertragsmuster berücksichtigen regelmäßig nicht die (neuen) Anforderungen des Nachweisgesetzes und bedürfen daher einer Überarbeitung. Für die Themen, für die der Nachweis nicht im Rahmen des Vertrages erbracht werden kann bzw. soll ist ein separater Anhang vorzubereiten.
Bei einem vom Arbeitnehmer verlangten Nachweis für einen bereits bestehenden Vertrag empfiehlt sich hingegen ein schriftlicher Nachweises, der idealerweise vorbereitet in der Schublade liegen sollte.

Wir sind Ihnen gerne sowohl bei der Aktualisierung Ihrer Vertragsvorlagen als auch bei der Erstellung eines Entwurfs für Nachweise auf Verlangen oder als Anlagen zu den vertraglichen Vereinbarungen behilflich. Da nur noch wenig Zeit zur Verfügung steht, raten wir schnell zu handeln, damit im August 2022 die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden können.