Das Betriebsverfassungsrecht räumt dem Betriebsrat oftmals nur beschränkte Beteiligungsrechte ein. In einigen Fällen, so bei der Anordnung von Überstunden sowie bei der Aufstellung von Schichtplänen oder vergleichbaren Arbeitszeitregelungen muss jedoch die Zustimmung des Betriebsrats zwingend eingeholt werden, ansonsten kann die Maßnahme nicht durchgeführt werden. Dies verschafft dem Betriebsrat eine mächtige Verhandlungsposition. Verweigert der Betriebsrat allerdings seine Mitwirkung in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten hartnäckig, so kann er sich später unter Umständen nicht auf eine Verletzung seiner Beteiligungsrechte berufen. So hat das Bundesarbeitsgericht jedenfalls in einem Fall entschieden, in dem der Betriebsrat massiv eine Einigung mit dem Arbeitgeber blockierte (BAG v. 12.3.2019 – 1 ABR 42/17).
Die Arbeitgeberin betreibt ein Krankenhaus. Die Aufstellung der monatlichen Dienstpläne hatte nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unter Beteiligung des antragstellenden Betriebsrats zu erfolgen. Das sah die Arbeitgeberin ebenso und versuchte den Betriebsrat wiederholt dazu zu bewegen, mit ihr Verhandlungen über die Aufstellung der jeweiligen Dienstpläne aufzunehmen. Eine Einigung zwischen den Parteien konnte jedoch mangels Mitwirkung des Betriebsrats über einige Monate nicht erzielt werden. Auch den Versuch der Arbeitgeberin, eine Einigungsstelle zu bilden, sabotierte der Betriebsrat nach Kräften. Die schließlich gerichtlich eingesetzte Einigungsstelle konnte ihre Arbeit zunächst nicht aufnehmen, da der Betriebsrat sich weigerte Beisitzer zu benennen. Um den Krankenhausbetrieb aufrecht zu erhalten, gab die Arbeitgeberin die jeweiligen Dienstpläne schließlich ohne Zustimmung des Betriebsrats bekannt und setzte diese eigenmächtig um. Der Betriebsrat zog hiergegen vor Gericht und verlangte (strafbewehrte) Unterlassung.
Das Bundesarbeitsgericht erkannte zwar an, dass dem Betriebsrat in rein formaler Hinsicht ein Unterlassungsanspruch auch zusteht. Die Verletzung eines zwingenden Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 BetrVG stellt eine grobe Verletzung der Arbeitgeberpflichten im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG dar und begründet daher eigentlich einen entsprechenden Unterlassungsanspruch. Eigentlich. Im vorliegenden Fall stufte das Gericht das Verhalten des Betriebsrats jedoch als missbräuchlich ein, sodass er sich nicht auf sein formal verletztes Mitbestimmungsrecht berufen konnte. Der Betriebsrat hat nämlich korrespondierend zu seinem Recht auf Mitbestimmung auch eine gewisse Pflicht zur Mitwirkung. Gerade bei regelungsbedürftigen Angelegenheiten haben die Betriebsparteien nach § 74 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mit dem „ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln“. Auch gilt der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG). Verweigert der Betriebsrat jegliche Mitwirkung, stellt sich dies als rechtsmissbräuchliche Blockade dar. Einen Unterlassungsanspruch lehnte das BAG demnach in diesem Fall ab.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts besagt zwar, dass die Arbeitgeberin im betreffenden Fall sich die Verzögerungstaktik des Betriebsrats nicht hatte bieten lassen müssen. Doch Vorsicht! Das Gericht betont in seiner Entscheidung, dass es sich um einen „besonders schwerwiegenden“ Ausnahmefall handelt. Es ging um ein Krankenhaus mit einer entsprechenden Verpflichtung zur Patientenbetreuung, woraus sich auch eine gesteigerte Mitwirkungspflicht des Betriebsrats bei der Aufstellung von Dienstplänen ergibt.
Arbeitgeber sind gut beraten, grundsätzlich erst einmal sämtliche im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Mittel und Wege auszuschöpfen, um mitbestimmungspflichtige Sachverhalte auch mit einem unkooperativen Betriebsrat zu lösen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zeigt aber auch, dass die latente Drohung von Betriebsratsseite mit Unterlassungsansprüchen umso weniger bedrohlich ist, je mehr der Arbeitgebers sich redlich um eine Einigung bemüht und der Betriebsrat im Wesentlichen nur blockiert. Das bestätigt einmal mehr, dass ein Arbeitgeber sich auch durch die Drohung mit Unterlassungsansprüchen nicht zu „faulen Kompromissen“ nötigen lassen muss.
Um einem allzu einseitigen Verständnis vorzubeugen: Im konkreten Fall hatte der Betriebsrat das Nachsehen, weil der Arbeitgeber sich vorbildlich verhalten hatte und der Betriebsrat offenbar nur auf Blockade aus war. Die Ausführungen des Gerichts dazu, wie sich die Betriebspartner im Sinne der „vertrauensvollen Zusammenarbeit“ zu verhalten haben und was es bedeutet, „mit dem ernsten Willen zu Einigung“ zu verhandeln gelten aber für beide Seiten. Insoweit wird sicher auch der ein oder andere Arbeitgeber, der es mit dem ernsten Willen zu Einigung nicht so genau nimmt bei Zeiten von seinem Betriebsrat an diese Entscheidung erinnert werden.