Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass Urlaubsabgeltungsansprüche der üblichen dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen. Urlaubsabgeltungsansprüche entstehen, wenn Urlaub wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann. Der eigentliche Urlaubsanspruch wandelt sich dann mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses in einen Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers. Die Verjährung von solchen Zahlungsansprüchen beginnt auch dann zu laufen, wenn es der Arbeitgeber während des Arbeitsverhältnisses versäumt hatte, den Mitarbeiter zur Inanspruchnahme des Urlaubs aufzufordern und auf einen möglichen Verfall hinzuweisen. So das BAG in einer Entscheidung von Ende Januar (BAG, Urteil vom 31. Januar 2023 – 9 AZR 456/20 – bislang nur als Pressemitteilung).
Fall:
Der Kläger war in der Zeit vom 9. Juni 2010 bis zum 19. Oktober 2015 bei einer Flugschule angestellt. Er erhob im August 2019 Klage auf Abgeltung von nicht genommenem Urlaub aus den Jahren 2010 bis 2015. Die beklagte Flugschule stellte sich auf den Standpunkt, die Abgeltungsansprüche seien allesamt verjährt, da zwischen dem Ende des Arbeitsverhältnisses im Jahr 2015 und der Klageerhebung im Jahr 2019 mehr als drei Jahre liegen. Drei Jahre sind die regelmäßige Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.
Das Arbeitsgericht Hannover sowie das Landesarbeitsgericht Niedersachsen gaben dem Arbeitgeber Recht und wiesen die Klage ab.
Entscheidung:
Auch das Bundesarbeitsgericht bestätigte, dass Urlaubsabgeltungsansprüche nach dem Ende eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich innerhalb von drei Jahren verjähren.
Dies war zuletzt zweifelhaft geworden: Denn der EuGH hatte im November 2018 in einem vielbeachteten Urteil festgestellt, dass Urlaub nur verfallen kann, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter auffordert diesen zu nehmen und ihn auf den drohenden Verlust des Urlaubsanspruchs hinweist. Dieser Rechtsprechung hatte sich das BAG angeschlossen und festgestellt, das Urlaubsansprüche im laufenden Arbeitsverhältnis weder verfallen noch verjähren können, solange der Arbeitnehmer nicht aufgefordert wurde, den Urlaub im Hinblick auf den drohenden Verfall tatsächlich zu nehmen. Offengeblieben war zuletzt jedoch, ob der Verlust von Urlaubsabgeltungsansprüchen im Wege der Verjährung ebenfalls ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen ist (siehe unser Newsletter vom 20. Dezember 2022). Arbeitgeber fürchteten bereits Abgeltungsansprüche für lange zurückliegende Jahre.
Das BAG hat nun erfreulicher Weise geklärt, dass auch dann, wenn der Arbeitsgeber während des Arbeitsverhältnisses seiner Hinweisobliegenheit nicht nachgekommen ist, der Urlaubsabgeltungsanspruch der normalen Verjährung unterliegt. Dabei beginnt die Verjährungsfrist stets zum Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis sein Ende fand. Somit gilt: Urlaubsansprüche können während des laufenden Arbeitsverhältnisses ohne einen wirksamen Hinweis des Arbeitgebers nicht verfallen oder verjähren. Geht es dagegen um Urlaubsabgeltungsansprüche nach Ende des Arbeitsverhältnisses, bedarf es für den Verjährungsbeginn keines Hinweises des Arbeitgebers. Für die Verjährung des Zahlungsanspruches ist es auch unschädlich, dass derartige Hinweise des Arbeitgebers während des laufenden Arbeitsverhältnisses unterblieben sind. Die Unterscheidung begründet das BAG mit dem Unterschied der beiden Ansprüche: Beim Urlaubsanspruch geht es um Erholung und Gesundheitsschutz, beim Urlaubsabgeltungsanspruch „nur“ um finanzielle Kompensation.
Im konkreten Fall erzielte der Kläger dennoch einen Teilerfolg für die Jahre 2010 bis 2014. Denn, so das BAG, erst mit der Entscheidung des EuGH im November 2018 war es dem Kläger zumutbar, seinen Urlaub für die Jahre 2010 bis 2014 einzuklagen, da ihm erst dann klar werden konnte, dass dieser (Mangels Hinweis auf den drohenden Verfall) womöglich noch bestehe. Die Verjährungsfrist für diese Urlaubsabgeltungsansprüche begann deswegen erst Ende des Jahres 2018 zu laufen.
Fazit:
Die Entscheidung ist zu begrüßen. Für Arbeitgeber besteht nun dahingehend Rechtssicherheit, dass Urlaubsabgeltungsansprüche von ausgeschiedenen Mitarbeitern innerhalb von drei Jahren verjähren. Zwar können sich Urlaubsansprüche wegen eines Verstoßes gegen die Hinweisobliegenheit noch immer innerhalb eines laufenden Arbeitsverhältnisses ansammeln. Ist das Arbeitsverhältnis aber beendet, steht der Verstoß einer Verjährung nicht mehr entgegen. Die Verjährungsfrist von Urlaubsabgeltung für etwaig angesammelte Ansprüche beginnt dann gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis beendet wurde und läuft gem. § 195 BGB drei Jahre lang. Mitarbeiter, die im Jahr 2019 aus einem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, hätten damit ihre Urlaubsabgeltungsansprüche noch im Jahr 2022 geltend machen müssen. Für Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis, das im Jahr 2020 beendet wurde bleibt den betroffenen Mitarbeitern noch bis zum Ablauf des Jahres 2023 Zeit, diese geltend zu machen.