Teil 1 – Haftung für fremde Arbeitnehmer
Jetzt ist es bald soweit: Ab 1.1.2015 gilt der Mindestlohn von 8,50 Euro/Stunde (brutto). Auch Unternehmen, die selbst Gehälter (weit) über diesem Niveau zahlen, sollten sich mit den Auswirkungen des Gesetzes vertraut machen. Denn künftig haften Unternehmen, die andere Unternehmen mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragen für die Zahlung des Mindestlohns an die Arbeitnehmer der Nachunternehmer.
Diese Haftung des Auftraggebers tritt unabhängig von einem Verschulden dann ein, wenn der Auftragnehmer gegen die Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns verstößt. Der Auftraggeber haftet den Arbeitnehmern des Auftragnehmers wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat; d.h. die Arbeitnehmern seines Vertragspartners können den Auftraggeber unmittelbar auf den Nettolohn in Anspruch nehmen.
Die Haftung des Aufraggebers beschränkt sich jedoch nicht auf die Arbeitnehmer des von ihm unmittelbar beauftragten Vertragspartners, sondern umfasst die gesamte Nachunternehmerkette, wenn der Auftragnehmer seinerseits weitere Unternehmen zur Auftragserfüllung einschaltet.
Praktisch relevant werden dürfte diese Haftung für Auftragnehmer vor allem in Fällen der Insolvenz des Auftragnehmers.
Damit jedoch noch nicht genug. Neben die beschriebene Haftung für Nachunternehmer tritt eine mit Bußgeld bedrohte Ordnungswidrigkeit. Wer in erheblichem Umfang Werk- oder Dienstleistungen von einem Nachunternehmer ausführen lässt, von dem er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass dieser den Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt, riskiert eine Geldbuße bis zu 500.000 Euro.
Für Unternehmen, die sich an der Vergabe öffentlicher Auftrage beteiligen, hat die Verhängung eines Bußgeldes von wenigstens 2.500 Euro noch eine weitreichende Folge: Sie werden bis zur Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen.
Bestehende Vertragsbeziehungen mit Werk- oder Dienstleistern wird man vor diesem Hintergrund überprüfen. Bei künftigen Vergabeentscheidungen wird es darauf ankommen, den Vertragspartner sorgfältig auszuwählen und insbesondere „Billigangebote“ kritisch zu hinterfragen. Sollte zweifelhaft sein, wie die angebotene Leistung bei Zahlung des Mindestlohns gewinnbringend erbracht werden kann, ist Vorsicht geboten.
Daneben ist an vertragliche Vorkehrungen zu denken. Zwar lässt sich die Haftung gegenüber den fremden Arbeitnehmern nicht ausschließen. Für die weitere Nachunternehmerkette kann aber eine Freistellung mit dem Vertragspartner vereinbart werden. Auch Sicherheiten für den Fall der Inanspruchnahme könnten gestellt/verlangt werden, z.B. in Form einer Bankbürgschaft.
Auch bei der Beschäftigung von Praktikanten stellt das neue Gesetz Unternehmen vor Herausforderungen. Mehr dazu erfahren Sie in Kürze in unserem nächsten Newsletter.