Laptop mit News Hologramm - Arbeitsrecht für Arbeitgeber

Änderung des Befristungsrechts

Während die zum 1. August 2022 in Kraft getretenen Änderungen des Nachweisgesetzes in den letzten Wochen ausgiebig diskutiert worden sind, hat eine Änderung des Befristungsrechts, die ebenfalls mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen einhergegangen ist, bislang vergleichsweise wenig Beachtung gefunden. Zu Unrecht, denn auch hier kann für Arbeitgeber Handlungsbedarf bestehen.

Gesetzliche Neuregelung

Nach der seit 1. August 2022 gültigen Fassung des § 15 Abs. 3 TzBfG muss, wenn für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart wird, diese in einem angemessenen Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. Welchen Zeitrahmen der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang als „angemessen“ erachtet, lässt sich dem Gesetzestext und seiner Begründung leider nicht entnehmen. Der einzige Anhaltspunkt findet sich insofern in den Materialien des europäischen Gesetzgebers: Im Rahmen des Entstehungsprozesses der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen hatte das Europäische Parlament vorgeschlagen, dass die Probezeit bei befristeten Verträgen mit einer Dauer von weniger als 12 Monaten höchstens 25 % der erwarteten Vertragsdauer betragen soll. Die finale Fassung der Richtlinie, ebenso wie das deutsche Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie, enthalten diese Klarstellung jedoch nicht mehr.

Was also ist „angemessen“?

Für Arbeitgeber stellt sich daher die Frage, welche zeitliche Dauer eine Probezeit bei befristeten Arbeitsverträgen maximal haben darf, um noch angemessen zu sein. Klar dürfte sein, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der die Wirksamkeit einer Probezeitvereinbarung nach § 622 Abs. 3 BGB allein davon abhängen sollte, dass die Probezeitdauer – unabhängig von der Befristungsdauer – sechs Monate nicht übersteigt (Urteil vom 24.01.08 – 6 AZR 519/07) keinen Bestand haben wird. Anders als bislang üblich, darf also zukünftig nicht mehr pauschal und unabhängig von der Befristungsdauer eine sechsmonatige Probezeit vereinbart werden.
Bis zu einer gerichtlichen Klärung ist es nach unserer Einschätzung empfehlenswert, die seitens des Europäischen Parlaments vorgeschlagenen 25 % als Orientierungspunkt zu nehmen. Danach dürfte die Probezeit bei einem auf ein Jahr befristeten Vertrag drei Monate betragen, die nach § 622 Abs. 3 BGB maximal zulässige Probezeitdauer von sechs Monaten wäre bei einem auf zwei Jahre befristeten Vertrag möglich.
Nach dem Gesetzeswortlaut muss die Probezeit nicht nur in einem angemessenen Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung stehen, sondern auch zu der Art der Tätigkeit. Je komplexer die Aufgaben und Tätigkeiten sind, je mehr Verantwortung der Mitarbeiter hat und je länger seine Einarbeitungszeit ist, desto länger darf wohl auch die Probezeit ausfallen. In Einzelfällen kann daher aus unserer Sicht auch eine Probezeit, die 25 % der erwarteten Vertragsdauer geringfügig übersteigt, noch angemessen sein.

Rechtsfolgen einer unangemessen langen Probezeit

Ist die Dauer der vereinbarten Probezeit unangemessen, hat dies zur Folge, dass die Probezeit nicht wirksam vereinbart wurde und somit die verkürzte Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB nicht gilt, das Arbeitsverhältnis also nicht mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann. Es ist dann, je nach Formulierung des Vertrages, die gesetzliche Grundkündigungsfrist (4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende) oder ggf. eine längere vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist maßgeblich. Sieht der Vertrag hingegen nicht ausdrücklich ein Recht zur ordentlichen Kündigung vor, kann der befristete Vertrag überhaupt nicht ordentlich gekündigt werden. Denn nach § 15 Abs. 4 TzBfG kann ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann ordentlich gekündigt werden, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag (ausdrücklich) vereinbart ist.

Empfehlungen für die Praxis

Vor diesem Hintergrund sollten Arbeitgeber ihre Arbeitsvertragsmuster nicht nur im Hinblick auf die Neuerungen des Nachweisgesetzes überprüfen, sondern auch die bisherigen Regelungen zur Probezeit und ordentlichen Kündigungsmöglichkeit in befristeten Arbeitsverträgen kontrollieren und ggf. anpassen.
Insbesondere sollten Arbeitgeber beim Abschluss befristeter Arbeitsverträge zukünftig darauf achten, dass die Probezeit in einem angemessenen Verhältnis zur Art und Dauer der Tätigkeit steht. Dies ist nach unserer Einschätzung der Fall, wenn die Probezeit ca. 25 % der Dauer der Befristung nicht überschreitet.
Darüber hinaus sollte auch bei befristeten Verträgen ausdrücklich eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit in den Vertrag aufgenommen werden. Auf diese Weise können Arbeitgeber auch im Fall einer sich im Nachhinein als unverhältnismäßig erweisenden Probezeit – wenn auch nicht mit der kurzen Probezeitkündigungsfrist nach § 622 Abs. 3 BGB – das befristete Arbeitsverhältnis vorzeitig beenden. Um rechtliche Unsicherheiten und spätere Diskussionen zu vermeiden, empfehlen wir, die anwendbare ordentliche Kündigungsfrist ausdrücklich zu benennen.