CDU/CSU und SPD haben ihren Koalitionsvertrag vorgelegt und darin auch Maßnahmen angekündigt, die das Arbeitsrecht betreffen. Auch wenn große Überraschungen ausblieben möchten wir Ihnen einen Überblick über die arbeitsrechtlich relevanten Pläne geben, die – sollten sie umgesetzt werden – schon auch spürbare Auswirkungen für Unternehmen und Personalabteilungen haben könnten.
Hier die zentralen arbeitsrechtlichen Aussagen in Zitaten:
1. Zum Bürokratieabbau
„Den Abbau von Schriftformerfordernissen, insbesondere im Arbeitsrecht (zum Beispiel bei Befristungen), werden wir umsetzen.“
Das klingt gut. Wenn aber stattdessen die qualifizierte elektronische Signatur verlangt wird, dürfte wenig Erleichterung gewonnen sein.
„Wir werden durch eine wirksame Reform des Statusfeststellungsverfahrens die Rechtssicherheit für Selbstständige und ihre Auftraggeber schaffen.“
Das wäre wirklich mal ein Schritt. Wobei weniger das Statusfeststellungsverfahren das Problem zu sein scheint, als vielmehr die Abgrenzungskriterien zwischen Selbständigen und abhängig Beschäftigten.
„Wir erleichtern die Rückkehr zum bisherigen Arbeitgeber nach Erreichen der Regelaltersgrenze, indem wir das Vorbeschäftigungsverbot aufheben und dadurch befristetes Weiterarbeiten ermöglichen.“
Die Möglichkeit der Weiterarbeit gibt es jetzt schon, eine erleichterte Rückkehr (gemeint ist wohl in sachgrundloser Befristung) zum bisherigen Arbeitgeber ist zu begrüßen.
2. Zur Arbeitszeit
„Deshalb wollen wir im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit schaffen – auch und gerade im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zur konkreten Ausgestaltung werden wir einen Dialog mit den Sozialpartnern durchführen.“
Kein neuer Ansatz und längst überfällig.
„Wir werden die Pflicht zur elektronischen Erfassung von Arbeitszeiten unbürokratisch regeln und dabei für kleine und mittlere Unternehmen angemessene Übergangsregeln vorsehen.“
Die hier postulierte Pflicht, die Arbeitszeiterfassung elektronisch zu erfassen, gibt es bisher nicht. Soll aber offenbar kommen. Mal sehen, ob die Umsetzung in dieser Legislaturperiode gelingt.
„Die Vertrauensarbeitszeit bleibt ohne Zeiterfassung im Einklang mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie möglich.“
Diese Behauptung ist rechtlich durchaus umstritten und stand etwas abgewandelt bereits im letzten Koalitionsvertrag. Geschehen ist seither nichts.
3. Mindestlohn
„Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns wird sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren.“
Es soll also bei einer unabhängigen Tarifkommission bleiben.
4. Steuerliche Anreize für Mehrarbeit
„Damit sich Mehrarbeit auszahlt, werden Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte beziehungsweise an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen, steuerfrei gestellt.“
Es steht zu befürchten, dass das nicht ganz unbürokratisch wird.
„Wir werden einen neuen steuerlichen Anreiz zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten schaffen: Wenn Arbeitgeber eine Prämie zur Ausweitung der Arbeitszeit zahlen, werden wir diese Prämie steuerlich begünstigen.“
Interessant wird sein, wie Arbeitgeber eine solche Prämie ausgestalten.
„Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, wird sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten.“
5. Zur Förderung von Tarifbindung
„Deswegen werden wir ein Bundestariftreuegesetz auf den Weg bringen. Das Bundestariftreuegesetz gilt für Vergaben auf Bundesebene ab 50.000 Euro und für Start-ups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung ab 100.000 Euro.“
Das Tariftreuegesetz soll also kommen.
„Wir machen die Mitgliedschaft in Gewerkschaften durch steuerliche Anreize für Mitglieder attraktiver.“
Hier spürt man dann doch sehr den maßgeblichen Einfluss der SPD.
6. Zu Mitbestimmung und Gewerkschaften
„Wir ermöglichen Online-Betriebsratssitzungen und Online-Betriebsversammlungen zusätzlich als gleichwertige Alternativen zu Präsenzformaten. Zusätzlich soll die Option, online zu wählen, im Betriebsverfassungsgesetz verankert werden.“
Online-Betriebsratswahlen? Man darf auf die Umsetzung gespannt sein.
„Wir ergänzen das Zugangsrecht der Gewerkschaften in die Betriebe um einen digitalen Zugang, der ihren analogen Rechten entspricht.“
Das BAG verneinte jüngst zu Recht ein digitales Zugangsrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG und begründete dies mit dem Ausgleich kollidierender Verfassungsgüter. Nun will also der Gesetzgeber Gewerkschaftswerbung auf die dienstliche E-Mail ermöglichen.
7. Entgelttransparenz
„Dazu werden wir die EU-Transparenzrichtlinie bürokratiearm in nationales Recht umsetzen. Wir werden eine Kommission einsetzen, die bis Ende 2025 dazu Vorschläge macht. Ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren soll dann unverzüglich eingeleitet werden.“
Die Umsetzungsfrist in nationales Recht läuft am 7.7.2026 ab. Das könnte knapp werden.
Insgesamt klingt das alles für das Arbeitsrecht nicht besonders ambitioniert. Nach einem Aufbruch im Arbeitsrecht sieht es nicht aus. Aber vielleicht ist das ja auch gut so.